Interview

Interview mit Robert Friedrich von Cube

Auf der BuCon habe ich nach seiner spannenden Lesung Robert Friedrich von Cube getroffen. Wir haben uns mal ganz lose zu einem Interview verabredet. Heute könnt ihr das Ergebnis daraus lesen.

(Erklärung: Das Interview haben wir in einem Chat geführt. Ich habe mich dann dazu entschlossen, die Smileys zu behalten, auch wenn das normalerweise nicht zu mir passt. Ich denke aber, dass man dann den Unterton besser versteht.)

 

Kathrin: „Hallo Robert. Schön, dass du Zeit hast und bereit bist, dich den investigativen Fragen der Ananas zu stellen. Sie hat mir alles auf einen Zettel aufgeschrieben. Starten wir deshalb mit was Schwerem. Kannst du dich zur Vorstellung mit 3 Adjektiven beschreiben?“

Robert Friedrich von Cube: „Neugierig, aber gelassen, aber hartnäckig“

K: „Wo merkt man denn die Hartnäckigkeit am meisten?“

R: „Bei meiner Arbeit als Psychiater: daran, dass ich so lange frage und zuhöre, bis ich das Problem meines Patienten verstanden habe. Beim Schreiben: daran, dass ich Tag für Tag dran bleibe und wenigstens ein bisschen was produziere.“

K: „Das ist eigentlich auch schon eine gute Überleitung für die nächste Frage. Du machst so viel und ich weiß gar nicht, mit was ich eigentlich anfangen soll. Weil ich aber ein riesen Fan von „Honigmann & Breuer“ bin, starten wir mal da. Erzähl uns doch was zu deinem Fortsetzungsroman.“

R: „Die Grundidee dazu kam mir schon vor sehr langer Zeit, als ich gehört habe, dass es nach wie vor unklar ist, warum wir gähnen und warum es ansteckend ist. Es gibt zwar Erklärungsansätze, aber die klingen m. E. nicht sehr überzeugend. Etwa, dass man auf diese Weise mehr Sauerstoff bekommt, wenn man müde ist – aber wenn man zu wenig Sauerstoff hat, atmet man ja einfach schneller, siehe Sport. Oder, dass man damit das Gehirn kühlt. Klingt auch sehr schräg und erklärt nicht die Ansteckung. Dann habe ich noch gehört, dass Schizophrene nicht gähnen würden. Ich weiß nicht, ob das erwiesen ist, aber es ist jedenfalls eine schöne Vorstellung. Denn in meiner Geschichte ist das Gähnen ein Zeichen dafür, dass herrenlose Seelen in uns ein- oder austreten. Schizophrene könnten dann Menschen sein, die dauerhaft von einer fremden Seele besessen sind und bei denen dann eben kein solcher Verkehr mehr stattfindet. Und ansteckend ist es, weil die Seele, die aus einem rauskommt (weil sie sich dort nicht wohl fühlt) gleich den nächsten Wirt ausprobiert. Irgendwann kam die zweite Idee dazu, eine Geschichte in den Vierzigern und Fünfzigern anzusiedeln. Es gibt so viele Steampunk-Bücher, die Magie mit Dampf-Technik verbinden. Da fand ich es reizvoll, etwas ähnliches mit der altmodischen Technik dieser Zeit zu schreiben, mit Röhren und Bakelit-Schaltern und so weiter. Die beiden Protagonisten tauchten dann wie von selber auf und es war klar, dass deren spannungsvolle Beziehung die Geschichte tragen würde. Wie es oft bei mir ist, gärte das in meinem Hinterkopf, während ich andere Sachen schrieb. Dann kam die Ausschreibung für „Fantasy Noir“ im Art Skript Phantastik Verlag und ich dachte, dass dies das perfekte Medium für Honigmann&Breuer wäre. So entwikelte ich die erste Geschichte mit den beiden, „Eine gute Seele“, die dann auch in der Anthologie erschien. Später gab es im gleichen Verlag „Absinth: Geschichten im Rausch der Grünen Fee“, und es gelang mir, die beiden Seelenjäger auch da unterzubringen. Grit Richter, die den Verlag betreibt und auch Cover-Designs macht, vermittelte mich dann an den Verlag In Farbe Und Bunt, der gerade seine neue Reihe „Weltenwandler“ mit Serienromanen bzw. -novellen startete. Und so ergab sich für mich die Möglichkeit, die ganze Geschichte von Honigmann&Breuer zu erzählen, die ich natürlich längst im Kopf hatte. Es sind bis jetzt drei Bände erschienen, der nächste ist in Arbeit. Wieviele es insgesamt werden, steht noch nicht fest, aber es soll eine große und in sich geschlossene Erzählung werden, auch wenn die einzelnen Teile als eigene Episoden funktionieren.“

K: „Jetzt hast du der nächsten Frage der Ananas fast schon ein bisschen vorgegriffen. Ich bin ja ein großer Fan des Settings der Geschichte. Warum Nachkriegszeit?“

R: „Wie gesagt, die Grundidee für diese Zeit kam über die Technik bzw. die Idee, ein historisches Setting zu wählen, das vielleicht noch nicht so abgegrast ist wie das viktorianische England. Aber sehr schnell bei meinen Recherchen wurde mir klar, dass das auch eine ganz besonders spannende Zeit ist, in der sich viele Fragen zu Themen wie Schuld und Vergeltung aufdrängen, in der sich Möglichkeiten für Abenteuer bieten. Es macht mir viel Spaß und inspiriert mich sehr, historische Begebenheiten zu recherchieren und in meinem Sinne umzuinterpretieren.“

K: „Mich hattest du ja schon überzeugt, aber ich hoffe, dass die Leser sich nach diesen Worten auf jeden Fall überzeugen lassen, doch mal in „Honigmann & Breuer“ reinzuschauen. Du bist aber nicht nur Autor, du bist auch Journalist. Kannst du uns was zu „Ruhrbarone“ erzählen?“

R: „Ich habe nie wirklich das journalistische Handwerk gelernt, insofern sehe ich mich eher als Autor, der auch Sachtexte schreibt. Aber über meine Arbeit bei den Ruhrbaronen habe ich tatsächlich viel gelernt und kann mittlerweile auch ganz gut sehr schnell etwas zu aktuellen Themen zustande bringen. Trotzdem schreibe ich ja immer nur morgens oder in der Mittagspause, neben meiner eigentlichen Arbeit als Arzt im Sozialpsychiatrischen Dienst. Beim tagesaktuellen Geschäft der Kollegen, die immer auf dem Laufenden sind, blitzschnell reagieren und intensiv recherchieren und die „richtige“ Journalisten sind, bei dem kann ich nicht mithalten. Zu den Ruhrbaronen bin ich über Sebastian Bartoschek gekommen, einen bekannten Psychologen, Journalisten, Podcaster und Experten für Verschwörungstheorien. Wir kannten uns über Facebook und irgendwann hat er mich eingeladen, mal einen Gastbeitrag dort zu schreiben. Kurz darauf war ich festes Mitglied. Die Ruhrbarone waren ursprünglich mal ein lokaler Blog aus dem Ruhrgebiet, werden aber mittlerweile deutschlandweit gelesen und sind thematisch breit aufgestellt. Die meisten Autoren kommen aus dem Ruhrgebiet, aber inzwischen sind neben mir noch zwei weitere Mainzer dabei, so dass wir hier eine kleine Dependance gebildet haben. Der Blog hat eine große Reichweite und wird auch immer wieder in anderen Medien zitiert. Hierüber habe ich weitere Kontakte geknüpft und habe auf diese Weise auch schon für die Wochenzeitungen „Der Freitag“ und „Jungle World“ geschrieben. Außerdem schreibe ich ja regelmäßig für die Titanic, aber das ist schon wieder ein anderes Genre.“

K: „Ich fühle mich ein bisschen schlecht, weil ich das bei der Recherche über dich alles gar nicht herausgefunden habe. Wo hast du denn deinen Lebenslauf versteckt? Aber weil du die Titanic schon erwähnst… Wie lange machst du das denn schon und kennst du Martin Sonneborn persönlich? Ich frage für meine Tante, die hätte gerne ein Autogramm. (Ich hoffe du verzeihst, dass ich in deinem Interview nach jemand anderem frage)“

R: „Haha, kein Problem. Aber ich kenne den nicht persönlich, zumal er ja auch schon lange nicht mehr Chefredakteur dort ist. Ich bin kein Mitglied der Redaktion, sondern freier Autor, das heißt, ich reiche Vorschläge ein und manchmal werden sie genommen, manchmal nicht. Aber irgendeinen kleineren Beitrag habe ich eigentlich fast immer im Heft, vor allem bei den „Briefen an die Leser“ oder bei „Vom Fachmann für Kenner“. Wenn alles gut geht, kommt demnächst wieder mal ein größerer Beitrag von mir. Auch für die Homepage trage ich immer mal was bei. Das geht jetzt seit drei oder vier Jahren so.“

K: Ich liebe die „Briefe an die Leser“. Das ist was für die Büropause 😀  Das du Sonneborn nicht kennst, enttäuscht mich jetzt schon ein bisschen. Ich wollte damit angeben, dass ich jemanden interviewt habe, der ihn kennt 😀 Aber zurück zu dir: Ich gebe zu, ich lese deine Kommentare auf Facebook sehr gerne. Einfach weil du auch politisch bist. Ich persönlich finde, dass man das auch in „Honigmann & Breuer“ merkt. Das spielt jetzt aber auch in einer politischen Zeit. Wie wichtig ist dir das generell in deinen Romanen?“

R: „Das ist eine schwierige Frage. Ich würde auf keinen Fall wollen, dass meine Geschichten pädagogisch klingen oder ideologisch oder so, als wären sie nur eine Metapher für irgendeine Botschaft. Es geht mir um echte Menschen mit echten Problemen. Aber diese Probleme entstehen natürlich auch durch politische Verhältnisse. Ich bin sowieso jemand, der eher Fragen stellt, als jemand, der behauptet, Antworten zu haben. Ich kann an keine Ideologie glauben und werde misstrauisch, sobald jemand einfache Lösungen anbietet. Daher denke ich, dass zum Beispiel in „Honigmann & Breuer“ mein kritischer, politischer Blick auf die Welt, vor allem aber mein empathischer Blick auf die Menschen (auch die bösen) zum Vorschein kommt. Ich hoffe aber nicht, dass der Leser den Eindruck gewinnt, ich würde irgendeine einfache Lösung für diese Probleme vorgaukeln oder eine bestimmte Ideologie mit den Geschichten belegen wollen. Und ich kann schon mal verraten, dass die Schwierigkeit, zwischen gut und böse zu unterscheiden im weiteren Verlauf noch eine Rolle spielt.“

K: „Das macht mich sogar noch neugieriger auf Teil drei. Weil die Welt eben nicht schwarz weiß ist. Und genau wie im richtigen Leben glaube ich auch Autoren nicht, die mir in Romanen nur einfache Lösungen anbieten 😀 Jetzt wo die Veröffentlichung kurz bevor steht: Arbeitest du eigentlich schon wieder an einem neuen Projekt? Können wir uns schon auf was neues von dir freuen?“

R: „Es ist noch etwas Großes in der Pipeline. Ich habe einen ziemlichen Wälzer geschrieben, eine phantastische Dystopie oder auch dystopische Fantasy, namens „Eisschmelze“ (falls sich der Titel nicht noch ändert). Es liegt momentan im Lektorat und wird beim ohneohren Verlag erscheinen. Erscheinungsdatum weiß ich noch nicht. Es ist meiner Meinung nach ausgesprochen spannend geworden.“

K: „Kann es sein, dass ich dazu schon in der Lesung auf der BuCon war? Ich habe heute nämlich schon danach gesucht und es nicht gefunden.“

R: „Ja, genau, das war die Lesung!“

K: „Kannst du schon sagen, wann der Roman das Lektorat verlässt und erscheint?“

R: „Leider nicht.“

K: „Schade, aber nachdem, was ich auf der BuCon hören durfte, lohnt es sich auf jeden Fall zu warten. Zum Abschluss noch eine Frage zur aktuellen Situation: Was empfiehlst du den Leuten, die sich vielleicht gerade in Quarantäne befinden (und hoffentlich nicht mit allzu schlimmen Symptomen zu kämpfen haben). Wie kann man sich am besten beschäftigen?“

R: „Natürlich sollte man lesen! Unbedingt sollte man Bücher von Kleinverlagen bestellen, die unter dem Ausfall der Leipziger Buchmesse sehr zu leiden haben. Außerdem hat man jetzt keine Ausrede mehr, um nicht kreativ zu sein. Macht Musik, zeichnet, schreibt. Das macht glücklich und viel zu oft verschiebt man es auf irgendwann später. Heute ist irgendwann.“

K: „Das ist ein sehr guter Tipp zum Abschluss. Ich werde den jetzt übrigens gleich noch befolgen 😀  Danke dir für ein sehr interessantes Gespräch!“

R: „Ich danke dir!“

 

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