Proxy
„Proxy“ von Alex London, erschienen beim Speak Verlag.
Um was geht’s?
In einer Welt, in der sich die Reichen alles kaufen können, sogar Menschen, treffen wir auf Syd. Er ist ein Waisenkind und damit leider arm mit vielen Schulden. Er wird deswegen als Proxy eingesetzt. Das bedeutet für ihn, er kann seine Schulden abarbeiten, indem er Strafen auf sich nimmt, die eigentlich ein Anderer bekommen sollte: Sein Patron. Mit dem hat Syd schon seit frühester Kindheit wirklich Pech. Er bringt sich ständig in Schwierigkeiten und Syd muss das ausbaden. Als sein Patron dann noch jemand tötet und Syd dafür ins Arbeitslager soll, reicht es ihm. Er beschließt abzuhauen und die große Stadt und ihr schreckliches System hinter sich zu lassen.
Was gibt’s dazu zu sagen?
Mann kann es nur in englischer Sprache lesen.
Nicht dein Ernst? Und was soll ich dann damit?
Unbedingt lesen! Wer sich schon an Harry Potter in der Originalsprache getraut hat, sollte hier keine Probleme haben. Gut, es gibt einige technische Begriffe, aber da kann ich selbst in Deutsch oft nicht folgen, deswegen war das für mich kein Grund, das Buch abzubrechen.
Ich soll das Technik-Bla-bla also einfach ignorieren? Bleibt dann überhaupt noch was?
Als Erstes wäre da die dystopische Welt in der der Kapitalismus praktisch auf die Spitze getrieben wird. Kinder von wohlhabenden Managern werden nicht mehr mit Hausarrest oder sonstigem erzogen. Man kauft sich ein Kind im selben Alter, das wird dann anstelle des Eigenen bestraft, während der Übeltäter zusehen muss. Das ist auch viel weniger barbarisch, als die eigenen Nachkommen zu verprügeln. Außerdem spielt sich viel auf der Ebene Schulden und Kredite ab. Das bestimmt das ganze Leben der einzelnen Personen. Wenn du ein Waisenkind bist, hast du von vornherein schon schlechten Karten. Die Unterbringung in einem Waisenhaus kostet natürlich und irgendjemand muss dafür bezahlen. Das Ganze wird dann noch verbunden mit vielen technischen Möglichkeiten, die die Lebenswirklichkeit von allen bestimmen. Das ist spannend und auch sehr bedrückend. Die ganze Welt ist bedrückend und kalt aufgebaut. Syd leuchtet darin als jemand, der der Menschheit Hoffnung geben kann.
Syd ist außerdem ein außergewöhnlicher Protagonist. Er selbst und sein Umfeld sehen ihn als Versager. Vor allem deswegen, weil er sich um andere kümmert und er nicht nur an sein eigenes Vermögen denkt. Aber auch, weil er homosexuell ist. Damit eckt er gerade in der Schule oft an.
Oh nein, sag mir jetzt nicht, dass der Roman unter „Gay Romance“ läuft.
Nein. Das ist zwar ein Teil seiner Persönlichkeit, aber es ist kein Hauptbestandteil des Buches. Erst im zweiten Teil „Guardian“ wird das mehr thematisiert. Außerdem habe ich erst kürzlich, ohne es zu wissen, einen Roman aus dem Genre „Gay Romance“ angefangen. Das war mir aber einfach zu ordinär. Ich habe die Befürchtung, dass das Thema Sex in diesem Bereich oft einfach zu dominant ist. Sowas kommt in „Proxy“ aber nicht vor und hätte auch nicht zur Stimmung des Buches gepasst. Da kann ich also schon mal alle beruhigen, die jetzt an Schmuddelkram gedacht haben. Und gerade weil das fehlt, freut man sich über die… naja… zarte Liebesgeschichte in der Fortsetzung „Guardian“. Man gönnt es Syd einfach.
Bevor ich bei der Kombination „Liebe“ und „zart“ noch brechen muss, erzähl mir lieber was zur Charakterentwicklung.
Die hat mir wirklich sehr gut gefallen. Sie ist jetzt nicht ganz so ausgeprägt bei Syd, aber Knox, aus dessen Sicht man auch lesen kann und der Syds Patron ist, entwickelt sich im Laufe der Geschichte sehr. Ist er am Anfang noch dieses typische Kind (super)reicher Eltern, wächst er einem immer mehr ans Herz.
Wann ist das was für mich?
Das Buch ist was für dich, wenn du schon immer mal sagen wolltest: „Seht ihr, ich hab’s euch doch gesagt! So wird das mit dem Kapitalismus nochmal enden!“. Außerdem solltest du das Buch lesen, wenn dich Technik und Englisch nicht abschrecken.
Gibt’s noch ein Fazit mit so einem Bewertungssystem?
Spannende Dystopie mit ungewöhnlichem Protagonisten.
Deswegen:
5 von 5 möglichen Ananas!